Ich wäre gerne ein Veganer. Denn das ist meiner Meinung nach in der heutigen Zeit noch die einzig ethisch vertretbare Möglichkeit. Zumindest aber wäre ich gerne ein Vegetarier. Aber auch das habe ich leider immer noch nicht geschafft. Zu allgegenwärtig ist das Angebot von Fleisch- und Wurstwaren. Gepaart mit meinem Mangel an Selbstdisziplin hat mich bisher trotz Massentierhaltung und Kükenschredder leider davon abgehalten, mich nur noch vegan zu ernähren. Aber zumindest hat sich mein Fleisch- und Wurstkonsum in den letzten zwei Jahren erheblich verringert. Doch nun zum eigentlichen Thema.
Wie ich zur Wurst kam
Seit meiner frühen Kindheit bin ich den Konsum von Wurst und Fleisch gewohnt. Entsprechend präsent sind meine Erinnerungen daran, wie ich auf dem Arm meiner Mutter an der Fleischtheke im Supermarkt oder der Metzgerei stand und mir die freundliche Fleischfachverkäuferin (ich beömmel mich jedes Mal bei diesem Wort) mit der Wurstgabel eine Scheibe Lyoner zum sofortigen Verzehr auf die Hand gab. Besonders scharf war ich auf die Wurst mit dem Gesicht drauf. Heute hat der Begriff „Gesichtswurst“ ja auch eine andere Bedeutung 🙂 Entsprechend fixiert war ich mein Leben lang auch auf Wurst. Egal ob Lyoner, Mortadella, Schinken, Salami oder Leberwurst – Wurst war immer präsent und auch immer verfügbar. Manch Veganer oder Vegetarier isst kein Fleisch, weil er sich davor ekelt oder es ihm schlicht nicht schmeckt. Das ist leider bei mir nicht so. Ich mag bis heute den Geschmack von Wurst und esse sie – abgesehen von dem mittlerweile sehr schlechten Gewissen deswegen – immer noch gerne. Da ich aber seit einiger Zeit meinen Fleisch- und Wurstkonsum bewusst erheblich reduziert habe, war ich auf der Suche nach Alternativen. Bei einem meiner Supermarktbesuche entdeckte ich zufällig eine vegane Teewurst. Ich freute mich darüber, einen fleischfreien Ersatz für die bisher von mir so gern gegessene Teewurst gefunden zu haben. Die Enttäuschung folgte jedoch auf dem Fuße. Das was ich da auf dem Brot hatte, war nicht im Ansatz mit Teewurst zu vergleichen. Es war eine bröselige, schlecht schmeckende Pampe, die kurzerhand ihren Weg in den Mülleimer fand. Das Projekt „Wurstsubstitution“ war damit zunächst vom Tisch. Es musste erst ein Jahr vergehen, bis ich mich wieder an ein solches Experiment wagte.
Rügenwalders vegetarische Schinkenspicker
Bei einem Besuch meiner Schwester bekam ich die Gelegenheit, von der Firma Rügenwalder die vegetarischen Schinken Spicker zu probieren. Diese wird als vegetarischer Ersatz für Mortadella beworben. Das was ich da auf dem Brot hatte, war absoluter Scienceporn der Lebensmitteltechnik. Ich musste mich vergewissern, dass ich da tatsächlich ein vegetarisches Produkt auf dem Brot liegen hatte. Zunächst hielt ich es in Anbetracht des Geschmacks tatsächlich für möglich, dass im Werk die Wurstverpackung schlicht versehentlich falsch als „vegetarisch“ ettikettiert worden war. Warum? Ganz einfach: man schmeckt keinen, aber auch absolut gar keinen Unterschied zu herkömmlicher Mortadella beziehungsweise Lyoner. Das fängt bei Geruch und Konsistenz an. Null Unterschied zu echter Wurst. Anders als noch die oben beschriebene vegane Teewurst ist auch der Geschmack und die Haptik eins zu eins echter Mortadella nachempfunden. Die Lebensmitteltechniker der Firma Rügenwalder haben tatsächlich geschafft, was ich niemals für möglich gehalten hätte: ein in jeder Hinsicht vollständiges und perfektes Substitut einer echten Wurstsorte. Es gibt für mich daher keinen, aber auch gar keinen Grund mehr, bei Mortadella oder Lyoner auf echte Wurst zurückzugreifen. Mittlerweile habe ich die vegetarische Wurst auch schon dem ein oder anderen bekennenden Fleischfreund untergejubelt. Keiner von ihnen hat gemerkt, dass die für lecker befundene Wurst keine echte, sondern vegetarische Wurst war.
Alternativen vom Discounter
Die vegetarische Wurst von Rügenwalder wird regulär zu einem Preis von rund 1,49 € für 80 Gramm verkauft, sofern das Produkt nicht gerade im Angebot ist. Bei Lidl habe ich dann auch einen etwas günstigeren Ersatz gefunden. Zwar scheint mir die vegetarische Wurst von Lidl weniger stark gewürzt zu sein und ist heller, als die vegetarische Wurst von Rügenwalder. Allerdings ist die vegetarische Wurst von Lidl preislich deutlich billiger. Wer bisher noch keine vegetarische Wurst probiert hat, sollte unbedingt die vegetarischen Schinkenspicker von Rügenwalder probieren, da man dort wirklich nicht den kleinsten Unterschied zu herkömmlicher Wurst sieht oder schmeckt. Für den täglichen Gebrauch kann man dann durchaus auch auf die günstigeren Alternativen umsteigen.
Mortadella Olé – Salami Oje
Leider ist die vegetarische Mortadella bisher der einzige adäquate vegetarische Wurstersatz, den ich bisher entdeckt habe. Zwar habe ich bei Lidl auch eine vegetarische Salami entdeckt. Diese riecht auch wie echte Salami und kommt ihr geschmacklich sehr nahe. Allerdings ist sie optisch und von der Haptik her leider nicht wirklich mit Salami vergleichbar und wirkt daher leider noch sehr künstlich.
Was fehlt: die perfekte vegane Wurst
Das einzige, was mir jetzt noch fehlt, ist ein guter veganer Wurstersatz. Ich hoffe sehr, dass die vegetarische Wurst nur eine Durchgangsstation zur perfekten vegangen Wurst ist. Denn bisher gelingt die perfekte Wurstimmitation durch vegetarische Produkte nur durch den Einsatz von Eiweiß, das aus Hühnereiern gewonnen wird. Hiervon wird bei der Produktion von vegetarischer Wurst sehr viel benötigt, was damit natürlich die Nachfrage nach Hühnereiern maßgeblich erhöht. Die Produktion von Hühnereiern bringt wiederum die klassichen Tierhaltungsprobleme (egal ob in Massentier- oder Freilandhaltung) mit sich. Und obendrein noch den abscheulichen Kükenschredder als eines der perversesten Dinge, die von der Lebensmittelindustrie jemals hervorgebracht wurden.
Warum überhaupt „Wurstersatz“
In Gesprächen rund um das Thema vegane Wurst bekommt man immer wieder Fragen wie „Warum wollen Veganer überhaupt einen Wurstersatz haben? Das ist doch schon ein Widerspruch in sich!„. Ich will mich auf dieses Blödgeschwätz dieser Leute gar nicht weiter einlassen. Mir schmeckt Wurst. Ich bin aber einfach froh, wenn ich sie durch ein veganes, zumindest aber ein vegetarisches Produkt ersetzen kann. Basta.